Freitag, 16. Januar 2009

Christian Ortner findet klare Worte zur Hamas

christian_ortner

Einen der wenigen wirklich durchdachten Kommentare zum Krieg in Gaza ohne die Killerbegriffe "Toleranz" und "Aufeinander zugehen" lieferte heute Christian Ortner in seiner wöchentlichen Kolumne in der österreichischen Tageszeitung "Die Presse". Er weist darauf hin, daß man mit einem Nachbarn, dessen erklärtes und immer wiederholtes Ziel die Auslöschung der eigenen Existenz ist, keine friedliche Koexistenz möglich ist.
Für alle Gutmenschen und Islamversteher erscheint dieser Kommentar deshalb ungekürzt:
Holocaust 2.0, ein utopisches Projekt
CHRISTIAN ORTNER (Die Presse)

Frage an Radio Hamas: Wie schließt man Frieden mit jemandem, der einen umbringen will?

Kein vernünftiger Mensch würde wohl auf die krause Idee kommen, die USA oder der Westen müsse eine „politische Einigung“ mit al-Qaida und Osama bin Laden erzielen, um deren Terror zu beenden. Zahllose vernünftige Menschen in Europa vertreten hingegen derzeit die Meinung, Israel müsse eine Art politischer Einigung mit der Hamas herbeiführen, um deren Raketenterror ein Ende zu setzen.

Nicht, dass das nicht in gewisser Weise wünschenswert wäre. Das Problem dabei ist nur, dass die Annahme, mit der Hamas könne Israel einen politischen Ausgleich zum Nutzen aller Streitparteien finden, ein bisschen euro-naiv ist. Denn was die Hamas mit al-Qaida verbindet, ist (unter anderem) das tief sitzende Bedürfnis, Israel und die Israelis auszulöschen, das heißt, physisch zu vernichten. Jener politische Ausgleich, der von Israel eingemahnt wird, ist deshalb das Allerletzte, was die Hamas erreichen will.

Viele Europäer wollen oder können das nicht zur Kenntnis nehmen und interpretieren den Konflikt zwischen Israel und Hamas daher wie eine Art Streit zwischen zwei Nachbarn, die jeder ihre mehr oder weniger legitimen Interessen verfolgen.

Wäre es so, wäre tatsächlich die Forderung nach einer „politischen Lösung“ gerechtfertigt. Nur: Wie einigt man sich bitte „politisch“ mit einem Nachbarn, dessen öffentlich erklärtes Ziel ist, einen selbst und seine Familie auszurotten – und der immer wieder, um die Ernsthaftigkeit seiner Absichten zu untermauern, vom Nachbargrundstück ins Kinderzimmer schießt?

Selbst in Österreich ist in diesen Tagen zu spüren, dass nicht nur ein paar verrückte militante Extremisten Israel und die dort lebenden Menschen vernichten wollen. Wenn etwa in einem Wiener islamischen Gebetsraum der Prediger (ein Herr Adnan Ibrahim) Israel „...die eigentliche Bestie“ nennt (wie verfährt man mit einer Bestie? – eben) oder auch der Präsident der hiesigen Islamischen Glaubensgemeinschaft, Anas Schakfeh, die Vernichtung Israels „eine Utopie“ nennt (also offenkundig einen eher wünschenswerten, wenn auch nicht machbaren Zustand) – dann kann man sich ziemlich gut vorstellen, was die Hamas für ihre jüdischen Mitbürger empfindet.

Dazu kommt, dass im Verständnis des radikalen Islam (nicht nur der Hamas) „Friede“ bloß dann wünschenswert ist, wenn man als Muslim gerade zu schwach ist, um weiterzukämpfen – und diese Zeit nutzt, um sich auf den nächsten Angriff vorzubereiten. Islamistischen Terrorgruppen eine politische Lösung anzubieten, heißt in deren Gedankenwelt daher, die eigene Schwäche einzugestehen und sie einzuladen, sich für den nächsten Waffengang zu rüsten.

Mit solchen Gegnern ist ein tatsächlicher „Friede“ im uns geläufigen Sinn leider aus logischen Gründen nicht möglich; ein derartiger Gegner ist bestenfalls mit massiver Gewalt dazu zu bewegen, nicht weiter anzugreifen. Für die meisten Europäer ist das ein völlig unnachvollziehbarer Gedanke – für Israel ist er alltägliche Realität.

Christian Ortner ist Journalist in Wien.

christian-ortner@chello.at
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2009)

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